14. November 2019 | Publikation: INSITU
Das Emporensystem von S. Andrea al Quirinale. Raumabfolge, Erschließungsstruktur und Funktion
Trotz ihres Rangs als Hauptwerk der abendländischen Architekturgeschichte wurden von Gian Lorenzo Berninis Kirche S. Andrea al Quirinale in der Forschung lange Zeit lediglich der Hauptraum und die Frontfassade zur Kenntnis genommen. Erst die im vergangenen Jahr abgeschlossene Dissertation von Tobias Glitsch nahm auch die anderen Bereiche des Gebäudes systematisch in den Blick. Einen der dabei behandelten Aspekte, das Emporengeschoss der Kirche, hat er in Ausgabe 2/2019 der Zeitschrift INSITU nun auch nochmals in Form eines Artikels präsentiert.
Der Beitrag stellt die betreffenden Räumlichkeiten zunächst genauer vor und beschreibt neben den bereits vom Hauptraum aus klar sichtbaren Coretti sowie den erst bei aufmerksamer Betrachtung identifizierbaren Andachtskammern oberhalb der Seitenkapellen auch die oberen Partien der in den Pfeilern des Kapellenkranzes verborgenen Wendeltreppen sowie die unmittelbar an die Kirche anschließende Partie des Konvents. Außerdem geht er dabei nicht nur auf den heutigen Zustand ein, sondern versucht auch, aus den Indizien am Gebäude sowie den noch erhaltenen Ausstattungsstücken das ursprüngliche Aussehen zu rekonstruieren.
In einem zweiten Teil dehnt der Artikel die Analyse dann auch auf die umgebenden Gebäudetrakte aus und fragt insbesondere nach der Einbindung des Emporensystems in den Gesamtkomplex des Noviziats sowie nach den diversen Erschließungsrouten, über die Konventsangehörigen sowie eventuelle externe Gäste dessen einzelner Teile erreichten. Die bei der Dokumentation der eigentlichen Emporenräume sowie bei der Untersuchung von deren Einbindung in den Gesamtbau gewonnenen Erkenntnisse bilden schließlich zusammen mit einer Reihe von Archivdokumenten die Grundlage für eine weitergehende Analyse der für das Emporengeschoss belegten Funktionen – eine Analyse, in deren Rahmen der Artikel das Nutzungsspektrum nicht nur grundsätzlich vorstellt, sondern auch die konkreten Anlässe für und Abläufe bei einer Nutzung der Emporen beschreibt.
Die detaillierte Betrachtung des Einzelbauwerks führt dabei zu Erkenntnissen, die sich auch auf andere Gebäude der Zeit übertragen lassen. Der Artikel versteht sich daher sowohl als Beitrag zur Erforschung von S. Andrea al Quirinale als auch als Schritt hin zu einem besseren Verständnis von Emporenräumen im italienischen Sakralbau der frühen Neuzeit im Allgemeinen.
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