Vom Tempel zur Kirche

  San Lorenzo in Miranda im Tempel des Antoninus Pius und der Faustina © Yannick Ley  

Umnutzung antiker Bauwerke zu gegenreformatorischen Sakralbauten in Rom um 1600

 

Im heutigen Rom haben sich zahlreiche Beispiele antiker Baustrukturen erhalten, die im Laufe der Jahrhunderte auf unterschiedliche Weisen zu Sakralbauten um-, weiter- oder ausgebaut wurden. Das Dissertationsprojekt nimmt diese baulichen Transformationen mit Augenmerk auf die Zeit um 1600 in den Blick.

Zunächst stehen die konkreten baulichen Gegebenheiten der zu untersuchenden Bauwerke und deren Aussagekraft über die historischen Bauabläufe im Mittelpunkt. Daraufhin wird eine architekturhistorische Einordnung der Beobachtungen und eine umfassende Untersuchung der Fragestellung, welche Motivationen zur Umnutzung antiker Bauwerke anstelle von frühbarocken Neubauten geführt haben könnten, angestrebt. In gleicher Weise sind zwei Untersuchungsmethoden zu benennen: Die vollständige Bauaufnahme der gegenwärtig vorhandenen Bausubstanz sowie eine sich daran anschließende architekturhistorische Quellenrecherche. Darüber hinaus ist das Projekt als komparative Studie angelegt, welcher die folgenden vier römischen Bauwerke als Untersuchungsobjekte dienen: Die Kirche San Lorenzo in Miranda im Tempel des Antoninus Pius und der Faustina, die Kirche Sant‘Angelo in Pescheria in der Portikus der Oktavia, die Kirche San Nicola in Carcere auf dem antiken Forum Holitorium und die Kirche Sant‘Urbano alla Caffarella im Tempel der Ceres und der Faustina.

Auf die Bauanalyse folgt eine architekturgeschichtliche Quellenrecherche, die als Zielstellung einerseits den Einfluss der umgenutzten Bauwerke auf die Entwicklung der Typologie der gegenreformatorischen Wandpfeilerkirche sowie andererseits ihre Kontextualisierung in den historischen sowie religionspolitischen Kontext in Rom im frühen 17. Jahrhundert verfolgt. Dabei lassen insbesondere historische Abbildungen Erkenntnisse über die Gestalt und den baulichen Zustand der Bauwerke zu verschiedenen Zeitpunkten zu, bieten zudem jedoch auch interessante Einblicke in die Sichtweise der Autor*innen auf das Motiv und somit die allgemeine zeitgenössische Bewertung der Gebäude.

Die Analyse der ikonografischen Bedeutung bildet den Abschluss der Untersuchung und erfolgt auf Grundlage der Bauaufnahmen sowie der Quellenrecherchen. Sie verfolgt die Zielstellung eines Erkenntnisgewinns darüber, in welchem Maße rein baulich-funktionale Gründe wie beispielsweise vorhandene Tragstrukturen oder kurzfristige Nutzbarkeit und in welchem Maße hingegen eine religiös motivierte Überformung der als heidnisch kategorisierten antiken Bauwerke zur Begründung der vorgenommenen Umnutzungen nachweisbar ist.

 

 

 
 

Kontakt

Yannick Ley, M. Sc. RWTH