WiSe 2020/21 | Der Turm der Wallfahrtskirche in Scherpenheuvel

  Luftbild der Wallfahrtskirche Scherpenheuvel Urheberrecht: © AGes
 
 

Der Turm der Wallfahrtskirche Scherpenheuvel. Bauforschung und architekturhistorische Einordnung

Bachelorthesis von Christian Klosterkötter

Scherpenheuvel („spitzer Hügel“) in der belgischen Region Flämisch-Brabant, ungefähr fünfzig Kilometer nordöstlich von Brüssel gelegen, ist einer der meistbesuchten Marienwallfahrtsorte Belgiens. Seine religiöse Bedeutung liegt in einem Mariengnadenbild begründet, an welchem seit dem 16. Jahrhundert immer wieder Wunder geschehen sein sollen. Der kunst- und architekturhistorisch hochinteressante Ort zeichnet sich durch den im 17. Jahrhundert geschehenen Ausbau der Stätte zu einem monumentalen Bauensemble aus. Dieses Ensemble besteht aus der heptagonalen Kuppelkirche Onze-Lieve-Vrouw sowie einer die Kirche konzentrisch umgebenden Idealstadtanlage. Zugleich handelt es sich bei der römisch anmutenden Kirche um eines der frühesten Beispiele gegenreformatorischer Architektur nördlich der Alpen.

Das bis heute erhaltene, einmalige, geometrisch abgestimmte Zusammenspiel von befestigter Stadt, Gartenanlage und Zentralbau wird durch einen im Osten der Kirche angebauten Turm gestört. Dieser ist mit einer Höhe von 37 Metern und seiner wuchtigen Erscheinung eine weithin sichtbare Landmarke und ein dominanter Bestandteil der Baugruppe im Zentrum der Stadt. Trotz seiner ungeklärten Baugeschichte, seiner merkwürdigen Struktur und seiner teilweise unklaren Funktion wurde er bisher nur partiell zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.

Den Rahmen für die Bachelorarbeit bildet das DFG-geförderte Forschungsprojekt "Scherpenheuvel. Kirche und Stadt im Siebeneck" unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Anke Naujokat. Der Autor konnte auf die aktuellen Forschungsergebnisse sowie auf das durch den Lehrstuhl für Architekturgeschichte erstellte umfangreiche verformungsgerechte Aufmaß zurückgreifen.

Als Grundlage der Bachelorarbeit dient zunächst die genauere Beobachtung und Beschreibung des Objektes. Den Ausgangspunkt der Forschungen markiert die Frage: Warum wurde ein Turm an den Zentralbau angebaut, und warum sollte sein Baukörper so erstaunlich wuchtige Ausmaße annehmen? Hierzu werden zunächst unter Berücksichtigung der Literatur unterschiedliche Hintergründe beleuchtet. Sodann wird versucht, die Baugeschichte des Turms zu rekonstruieren und ein Verständnis über seine Planung im Kontext des Gesamtensembles zu entwickeln. Da für diese Fragestellung die schriftlichen Quellen zu wenig Auskunft liefern, finden hierfür die Methoden der historischen Bauforschung Anwendung. Ein zentrales Resultat der Arbeit ist der Nachweis, dass der Turm in einer späteren Bauphase an den Zentralbau angefügt wurde. Zusätzlich wird mit Hilfe von Rekonstruktionen die These erhärtet, dass der Turm auf einen bereits existierenden eingeschossigen Baukörper aufgesetzt wurde.

Im abschließenden Teil der Arbeit werden Überlegungen zum Baufortschritt der oberen Turmgeschosse angestellt, insbesondere wird hierbei der Turmabschluss in den Fokus gerückt. Dabei wird untersucht, ob der offenkundig nicht fertiggestellte Turm deutlich höher geplant gewesen sein könnte.

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt Scherpenheuvel. Kirche und Stadt im Siebeneck finden Sie hier.

 
 

Betreuung

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Anke Naujokat (Prüfung)
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christian Raabe (Co-Prüfung)
Sara Dolls M.A.