WiSe 2022/23 | Der "Barokgang" von Scherpenheuvel

  Steinkartierung des Barockgangs der Wallfahrtskirche Scherpenheuvel Urheberrecht: © Forschungsteam Scherpenheuvel
 
 

Der "Barokgang" von Scherpenheuvel – Eine bauhistorische Untersuchung und typologische Einordnung

Masterthesis von Anina Janich

Innerhalb des belgischen Marienwallfahrtsortes Scherpenheuvel erstreckt sich zwischen der
imposanten Kuppelkirche mit ihrem östlich angefügten monumentalen Turmbau und dem
heute verfallenen ehemaligen Klostergebäude ein zunächst unauffällig wirkender, überdachter Verbindungsgang. Dieser scheint mit zunehmendem Abstand zur Kirche aus dem abfallenden „spitzen Hügel“ – dem „scherpen heuvel“ – herauszuwachsen und gibt seine Fassade erst vollständig zur Überbrückung einer kleinen Ringstraße kurz vor seinem Anschluss an das Kloster preis.

Der Gang, der im Sprachgebrauch des flämischen Scherpenheuvel als „Barokgang“ bezeichnet wird, ist Teil des baulichen Ensembles der zu Beginn des 17. Jahrhunderts herrschaftlich gegründeten, heptagonalen Idealstadtanlage der spanischen Erzherzöge Albrecht und Isabella.

Über seine bauliche Genese ist bisher wenig bekannt. Diese Masterarbeit hat das Bauwerk im Rahmen des DFG-geförderten Forschungsprojekts „Scherpenheuvel. Kirche und Stadt im Siebeneck“ erstmalig mithilfe der Methoden der historischen Bauforschung dokumentiert, beschrieben und im Hinblick auf potenzielle Rekonstruktionshypothesen analysiert.

Innerhalb der Arbeit werden unter anderem verschiedene Fragestellungen, die durch die Annahme eines ehemals erhöhten Geländes aufgeworfen werden, erörtert. Anhand einer steingenauen Kartierung, die mithilfe des Structure-from-Motion-Verfahrens photogrammetrisch erstellt worden ist, konnten Anomalien in der Fassadenoberfläche, der Fügung und der Konstruktion aufgedeckt werden. Auf der Grundlage dieser Indizien konnten ein möglicher ehemaliger Geländeverlauf sowie zwei seitliche Anbauten und eine zenitale Belichtungssituation rekonstruiert werden. Dabei wurden sowohl die Spuren am Bauwerk selbst als auch historische Bildquellen zu Rate gezogen.

Zusätzlich erfolgte eine atmosphärische Rekonstruktion, die das Durchschreiten des Ganges erlebbar macht. Ebenfalls beleuchtet wurde damit einhergehend die Fragestellung der Nutzungsintention und der Entwurfskonzeption des für einen reinen Verbindungsgang verwunderlich stark ornamentierten und hochwertig ausgestatteten Raumes.

Anschließend erfolgte eine historische Kontextualisierung des „Barokgangs“ hinsichtlich seiner typologischen Eigenschaften im Bezug zu zeitgenössischen herrschaftlichen Korridor- und Erschließungssystemen unter der Betrachtung architekturhistorisch relevanter und dem Erzherzogpaar vertrauten Vergleichsbauten.

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt „Scherpenheuvel. Kirche und Stadt im Siebeneck“ finden Sie hier.

 
 
 

Rekonstruierte Belichtungssituation des Barockgangs

 
Animation
 
 

Betreuung

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Anke Naujokat (Prüfung)
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christian Raabe (Co-Prüfung)
Sara Dolls M.A.