V | Scherpenheuvel
Motive und Kontexte eines multimaßstäblichen Bauensembles im Zeitalter der Konfessionskriege
Der kurz nach 1600 von den spanischen Erzherzögen Albrecht und Isabella gegründete belgische Wallfahrtsort Scherpenheuvel wurzelt in einem Idealprojekt, das Städtebau, Gartenarchitektur, Architektur und bildliche Ausstattung zu einem Gesamtkunstwerk verbindet. Ausgehend von diesem aktuellen Forschungsgegenstand des Lehrstuhls für Architekturgeschichte gibt die Vorlesung eine Epochenschau der Architektur um 1600.
Der Fokus liegt damit auf einer Zeit, in der die katholischen Autoritäten in der Auseinandersetzung mit dem Protestantismus um Macht und Deutungshoheit ringen und in der die frühabsolutistischen Herrscher religiöse Kulte und Objekte vereinnahmen und im Rahmen sakraler Bauprogramme für die Festigung und Zentralisierung ihrer Herrschaft instrumentalisieren.
Die Katholische Reform löst – besonders nach Abschluss des Konzils von Trient im Jahr 1563 – Bestrebungen zur Sakralisierung von Stadt und Landschaft aus, sowie auch eine Neuaufwertung der Reliquien- und Gnadenbildverehrung, die neue Entwicklungen in Sakralbau und Wallfahrtsarchitektur nach sich zieht. Vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Kriegserfahrung, die Landschaft, Stadt und Architektur um 1600 prägt, thematisiert die Vorlesung die Bedeutungsaufladung des Festungsbaus und zeigt die Verschmelzung der Konzepte von idealer Stadt und idealer Festung auf.
Modul
Geschichte und Theorie II
M.Sc. | 2. Semester
Termine
Regeltermin: Montags, 10:30 bis 12 Uhr, Hauptgebäude, Hörsaal II (1010 | 201)
Zusatzinformation: Statt 14 einstündiger Vorlesungstermine finden zehn Termine à 70 Minuten
statt
1. sowie 8. April 2019 | Scherpenheuvel Teil 1: Der sternförmige hortus conclusus und die siebeneckige Idealstadt
29. April 2019 | Scherpenheuvel Teil 2: Die heptagonale Kuppelkirche und ihre bildliche Ausstattung
6. Mai 2019 | Einigung des Landes und Festigung der Herrschaft: Das Bauprogramm der Erzherzöge Albrecht und Isabella in den Südlichen Niederlanden
13. Mai 2019 | Abbild einer christlich geeinten Welt: Die Neuordnung Roms unter Papst Sixtus V.
20. Mai 2019 | Überhöhung des locus sanctus: Die italienische Tradition zentralbauförmiger Marienwallfahrtsheiligtümer
27. Mai 2019 | Stationsweg zum Gnadenbild: Der Sacro Monte di Varese
17. Juni 2019 | Sammlung, Ausstrahlung, Dominanz: Die Bauform der Kuppel und ihr zentralisierender Gestus
24. Juni 2019 | Belfried versus Kirchenfassade: Tradition und Neuerung in der Sakralarchitektur der südlichen Niederlande um 1600
1. Juli 2019 | Kriegsangst und Friedensutopie: Bedeutungsebenen im Festungsbau
8. Juli 2019 | Katholische Ideal- und Universalarchitektur: Der Escorial Philipps II.
Vortragende
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Anke Naujokat