FF | Die Chorhauptkapelle – Entwicklung eines Bautyps
Die Bauform der Chorhauptkapelle wurde im Mittelalter zum festen Bestandteil der komplexen Chorabschlüsse der französischen Kathedralbaukunst. Wunderwerke der Steinbaukunst entstanden, beseelt von der Schönheit einer Geometrie, die sich im Idealfall dem Grundgefüge einer ganzen Kathedrale unterzuordnen hatte, zumindest jedoch untrennbar mit dem Kapellenkranz des Chores verbunden war, in dem die Chorhauptkapelle einen räumlichen Höhepunkt der Architektur im Dienste der Marienverehrung darzustellen hatte. Sie wurde gleichsam das räumliche Gegenstück zur flächigen Brillianz der Fensterrose in der Eingangsfassade. Aus dieser Bautradition entwickelte sich die Bautypologie von gänzlich freistehenden Andachtskapellen, die wie große steinerne Schreine für kostbare Reliquien der Herrscher und Prälaten ausgeführt wurden. Diese besonderen Bauwerke dienten der religiösen Andacht der Herrschaft und der Pilger.
Mit diesen Bauwerken stellte die Herrschaft auch Bezüge zur eigenen Legitimation her, indem auf die Sagen umwobenen Helden in der Vergangenheit angespielt wurde, wie zum Beispiel auf Karl den Großen. Die Chorhalle in Aachen ist deshalb nicht nur der Aufbewahrungsort von Reliquien sondern auch Teil der neuen Inszeniernug des Kaisertums im römischen Reich deutscher Nation gewesen, die von Kaiser Karl IV. im 14. Jh. propagiert wurde. Im 17. und 18. Jahrhundert knüpft die kaiserliche Herrschaft erneut an diese bauliche Form der sakralen Inszenierung des alten Kaisertums an, indem die Fürsten ermuntert werden neue Chorhauptkapellen an die Chöre der wichtigen Hauptkirchen des Reiches anzubauen oder bestehende Kapellen mit barockem Dekor zu modernisieren. Diese letzte Entwicklung der Chorhauptkapelle soll mit einer Sammlung an Beispielen chronologisch und formal dokumentiert werden, um die Bauprogramme und politischen Hintergründe der Architektur jenseits der barocken Prachtentfaltung zu verstehen.
Modul
Forschungsfeld
M.Sc. | 1. bis 3. Semester
Termine
Einführung: Donnerstag, 14. Oktober 2021, 10 Uhr
Regeltermin: Donnerstag, 10 bis 11 Uhr, über Zoom oder in der Bibliothek Architekturgeschichte und Kompakttermine für Aufmaß in Kornelimünster, nach Vereinbarung
Abgabe: Donnerstag, 17. Februar 2022
Dozent*innen
Dipl.-Arch. Bruno Schindler
Dr.-Ing. Tobias Glitsch