WiSe 2020/21 | Neue Pfarrkirche Meyzieu

  Außenperspektive der Kirche Urheberrecht: © David Stolz
 
 

Entwurf einer neuen Pfarrkirche für die katholische Gemeinde von Meyzieu

Masterthesis von David Stolz

Ziel des Entwurfs und der begleitenden theoretischen Arbeit ist es, nach Antworten auf die Fragen der Kontinuität mit dem Erbe, der Verwurzelung der Architektur in den Kontext, der Essenz eines christlich-katholischen Kirchengebäudes und der Dauerhaftigkeit zu suchen und in einem Entwurf anzuwenden.

Der Kirchenbau befindet sich in der Stadt Meyzieu, einer Vorstadt im Osten der französchen Metropole Lyon. Die Bevölkerung der Stadt Meyzieu hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verfünfzehnfacht. Durch die Grenzlage ist das Stadtbild hauptsächlich durch Solitärbauten geprägt und lässt sich mit dem Charakter amerikanischer Vorstädte vergleichen. Durch das große Bevölkerungswachstum ist die alte Pfarrkirche im Süden der Stadt mit einem Fassungsvermögen von 200 Gläubigen für die Feier der Gottesdienste zu klein geworden und der Bau einer neuen Pfarrkirche ist notwendig, um eine Feiergemeinde von über 500 bis etwa 900 Gläubigen zu ermöglichen. Das Grundstück, auf dem die Kirche errichtet werden soll, befindet sich ebenso in einem Kontext, der vornehmlich durch freistehende Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften aus den sechziger und siebziger Jahren geprägt ist. Auf dem Grundstück selbst befindet sich bereits ein Pfarrzentrum, welches der Gegenwartsarchitektur zugeordnet und als vom Ort unabhängiger Solitärbau charakterisiert werden kann. Im Süden des Grundstücks befindet sich eine Erschließungsstraße, die im Entwurf berücksichtigt werden soll.

Für den Kirchenbau sind unterschiedliche Typologien zugrunde gelegt worden. Um dem Kirchenbau eine Fassung zu verleihen, wurde mit einem Kirchhof ein sakraler Bezirk aufgespannt, in den das Volumen der eigentlichen Kirche hineingesetzt wurde, die dem klassischen Basilikaschema auf kreuzförmigem Grundriss folgt. Um den eigentlichen Kirchenraum wurde eine Kolonnade herumgeführt, von der aus sämtliche Räume erschlossen werden können. Gläubige betreten das Kircheninnere, indem sie eine Sequenz an Schwellenräumen durchschreiten, um sie so auf das gottesdienstliche Geschehen vorzubereiten und einen Übergang zwischen der säkularen Welt und dem geheiligten Raum zu schaffen. Von Westen wird zunächst ein Narthex betreten, der vollverglast an den Kirchenraum angrenzt. Nördlich des Narthex befindet sich eine Taufkapelle, die zwei Stufen tiefer liegt – symbolisch für das Hinabsteigen in den Tod, um durch die Taufe zu neuem Leben erweckt zu werden. Der eigentliche Kirchenraum liegt ebenfalls eine Stufe unter dem Niveau des Eingangsbereiches und des Umgangs. Alles im Kirchenraum ist auf die Vierung ausgerichtet, die das Zentrum des gesamten Entwurfs darstellt und sich im Mittelpunkt der Anlage befindet. Dies verdeutlicht die Zentralität des gottesdienstlichen Geschehens, welches in der Eucharistie seinen Höhepunkt findet. Der Altar hingegen befindet sich nicht im Mittelpunkt der Vierung, sondern nach Osten versetzt, um somit der gottesdienstlichen Versammlung eine eschatologische Orientierung zu geben, das heißt, dass sie nicht in sich selbst ihren Mittelpunkt finden soll, sondern in Jesus Christus, der unter anderem durch die aufgehende Sonne symbolisiert wird. Hinter der Konche, in der sich der Tabernakel befindet, wird ein Vierkanthof aufgespannt, der von der Werktagskapelle im Süden, Beicht- beziehungsweise Gesprächsräumen im Osten und der Sakristei um Norden umschlossen wird. Von Osten kann der Kirchenkomplex ebenfalls durch einen narthexartigen Vorraum betreten werden. Durch das Apsisrund der Werktagskapelle, welches in Spannung zum Eck der Sakristei steht, erfährt der Raum eine gewisse Dynamik, welche die Gläubigen in Richtung der Kapelle führt.
Der gesamte Bau besteht vornehmlich aus historisch ortsüblichen Materialien: Stampflehm für die Mauern, Backstein für die Pfeiler und Stürze, Eichenholz für das liturgische Mobiliar und das Chorgestühl, Kupfer für die Dacheindeckung, Sand- beziehungsweise Kalkstein für den Bodenbelag und die Prinzipalstücke von Altar, Ambo, Taufbecken und Priestersedilie.
In ihrer Erscheinung greift die Kirche ortsübliche Gestaltbilder auf, wie etwa alternierende Schichten von Backstein und Stampflehm, eine schlichte Giebelfassade oder ein nur flach geneigtes Dach.

 
 

Betreuung

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Anke Naujokat (Prüfung)
Prof. i.V. Ir. Architekt Fred Humblé (Co-Prüfung)
Dr.-Ing. Caroline Helmenstein