SoSe 2021 | Die Architektur der Cappella Emiliana

  Außenansicht der Cappella Emiliana Urheberrecht: © Alexander Cattaneo
 
 

Die Architektur der Cappella Emiliana von San Michele in Isola

Masterthesis von Alexander Cattaneo

Zwischen Venedig und Murano, auf halber Wasserstrecke, befindet sich bei dem ehemaligen Kamaldulenserkloster San Michele ein architektonisches Kleinod. Weiß strahlend erhebt sich an der nördlichen Spitze der heutigen Friedhofsinsel die Cappella Emiliana (auch Cappella Emiliani) von San Michele in Isola - eine Stiftung des Quattrocento, die erst im Cinquecento verwirklicht wurde. Sie scheint eindeutig zur Westfassade des Frührenaissanceneubaus der Klosterkirche zu gehören und steht doch ganz für sich selbst nahe am Wasser der Lagune: Ein von der Bauforschung relativ unbeachteter sechseckiger Zentralbau mit ungewöhnlicher Kuppelkonstruktion, der vom bergamasken Steinmetzarchitekten Guglielmo dei Grigi d‘Alzano zwischen den Jahren 1528 und 1543 nach einer bewegten Vorgeschichte verwirklicht wurde.

Die Masterthesis besteht sowohl aus einer theoretischen, wissenschaftlichen Forschungsarbeit als auch aus der zeichnerischen und fotografischen Erfassung sowie Dokumentation des Denkmals mithilfe der Werkzeuge des verformungsgerechten Bauaufmaßes. Die wichtigste Quelle ist das Gebäude selbst, auf das das Hauptaugenmerk gelegt wird. Neben der Erstellung des Planmaterials vor Ort sind es aber auch die anderen gebauten Werke des Architekten Guglielmo dei Grigis in Venedig, die während der Studienreise untersucht wurden, um die Kapelle im Kontext seines entwerferischen Repertoires verstehen zu können. Darüber hinaus ist selbstverständlich die Forschungsliteratur, die sich sowohl peripher mit der venezianischen Renaissance als auch dediziert mit dem Objekt und seinen Referenzen befasst, heranzuziehen gewesen.

Nicht nur stellt sich die Frage, wie Guglielmo dei Grigi in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ohne jegliche Erfahrung im sakralen Gebäudebau zu einer für Venedig einzigartigen sechseckigen Kapellenarchitektur gekommen ist, sondern auch wie jenes Projekt bereits 1427 von der verwitweten Margherita Vitturi zu Ehren ihres verstorbenen Mannes Giovambattista Miani postuliert wurde, wo doch dedizierte Kapellenannexe neben Kirchen seinerzeit höchst ungewöhnlich waren. In ihrem Testament stellte sie demnach Anforderungen an einen Bau, der viel mehr zu leisten hatte, als für eine bloße Andachtskapelle zu erwarten gewesen wäre. Im Jahr 1455 wurde die ideelle Bauherrenschaft an die Prokuratoren de „Citra“ der venezianischen Republik übergeben, die die Kapelle zunächst neben der Kirche des Observantenklosters San Francesco della Vigna hätten erbauen sollen. Nach gescheiterten Grundstücksverhandlungen fiel die Entscheidung 1526 auf Vitturis Alternativstandort - an der Klosterkirche San Michele in Isola und somit neben der ersten weißen Renaissancefassade der Lagunenstadt.

Guglielmo dei Grigi plante letztendlich seine Cappella Emiliana an einem „städtebaulich“ herausragenden und architektonisch enorm vorgeprägten Ort.
Der Großteil der Forschung befasst sich mit den Herausforderungen, den möglichen Überlegungen und den resultierenden Folgen, die Guglielmos Entwurf nahe der Kamaldulenserkirche beeinflusst haben müssen. Mehrere architektonische Charakteristika der Cappella Emiliana werden benannt und im Rahmen der Untersuchung analysiert.

 
 

Betreuung

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Anke Naujokat (Prüfung)
Univ.-Prof. Dr. phil. Alexander Markschies (Co-Prüfung)
Dipl.-Ing. Architektin Verena Hake
Dipl.-Arch. Bruno Schindler